Es sind nun drei Jahre vergangen, seit sich Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur im Pingusson Bau in Saarbrücken gegründet hat. Dem vorausgegangen war ein zwölfmonatiger Gründungsprozess, an dem 14 soziokulturelle Zentren aus dem Saarland beteiligt waren. Es war ein wichtiger Schritt, weil allen Beteiligten klar war, dass die saarländische Soziokultur eine Stimme braucht. Inzwischen sind es 24 Zentren und Initiativen, die sich der LAG Soziokultur Saar angeschlossen haben.
Diese positive Entwicklung zeigt, wie wichtig dieser Zusammenschluss ist. Denn damals wie heute sind die strukturellen Probleme für die einzelnen Zentren vorhanden und behindern die tägliche Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Senior*innen und vielen weiteren Menschen aus der Breite der Bevölkerung. Die Arbeit ist nach wie vor wichtig, insbesondere wegen eines oftmals kritiklosen Umgangs mit elektronischen Medien. Deshalb braucht es als sozialen Gegenpart den Zugang zu kultureller Bildung, die für die persönliche Entwicklung von großer Bedeutung ist. Dies gilt im Besonderen für Kinder und Jugendliche, die einen erschwerten Zugang zu Bildung haben. Ein herausragendes Projekt war die saarländische Fashion Week im vergangenen Jahr. Dort haben Kinder Jugendliche in verschiedenen Workshops gelernt, wie aus alten Kleidern neue geschneidert werden. Die Ergebnisse wurden an zwei Veranstaltungen, in Merzig und Homburg, präsentiert.
Dieses Beispiel zeigt, wie in den Zentren bildende oder darstellende Kunst und Musik vermittelt wird. Diese Arbeit erfolgt mit großer Leidenschaft und oftmals ehrenamtlich, weil durch die Förderstruktur der Zuschüsse und Projekte keine Möglichkeit besteht, hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finanzieren. Dies ist das größte Manko bei vielen Kunstschulen. Wenn es politisch gewollt ist, dass die Kunstschulen und die soziokulturellen Zentren ihre wichtige Arbeit weiter fortsetzen, muss eine Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden, die das ermöglicht. Als Vorbild könnte hier die Förderung der Volkshochschulen und Musikschulen dienen, die einen Großteil ihrer hauptamtlichen Personalkosten mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln finanzieren. Denn ohne institutionelle Förderung wird es schwierig, soziokulturelle Zentren mittelfristig am Leben zu erhalten.
Es ist schon jetzt erkennbar, dass die Zentren ausbluten, weil zu viel inhaltliche Arbeit auf der Strecke bleibt. Die Arbeit im administrativen Bereich nimmt stetig zu. Es ist bei weitem nicht damit getan, Förderprogramme zu durchforsten und Anträge zu stellen. Das ist der geringste Teil der Arbeit. Arbeitsintensiv wird es, wenn die Projekte umgesetzt werden und vor allem, wenn sie abgerechnet werden. Dies funktioniert mit ausschließlich ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen schlichtweg nicht mehr. Während sich die Dozent*innen ausschließlich auf die Umsetzung des Projektes beschränken können, muss es natürlich auch jemanden geben, der sich durch das bürokratische Formularwesen kämpft, dem anspruchsvollsten Teil der Projektförderung, an dem viele Einrichtungen scheitern. Trotz aller Widrigkeiten, haben es unsere Mitgliedszentren geschafft, Gelder in sechsstelliger Höhe an Bundes- und EU-Mittel für das Saarland zu generieren, mit denen zahlreiche soziale Projekte realisiert werden konnten.
Die Verantwortlichen der LAG Soziokultur sehen es als vordergründiges Ziel an, dieses Problem anzugehen. Deshalb haben sie sich auch in den schwierigen Corona-Jahren darum bemüht, die Soziokultur im Saarland zu fördern und zu unterstützen. Erreicht wurde das in vielen Gesprächsrunden mit den Fraktionen im Landtag und mit den Mitarbeiter*innen im Ministerium für Bildung und Kultur sowie der Ministerin Christine Streichert-Clivot. Die politischen Entscheider*innen haben die Notwendigkeit gesehen, die Soziokultur finanziell zu stärken. So wurde dem Landesverband eine „Kultur macht Stark“ Stelle finanziert, deren Kosten sich der Bund und das Land teilen. Zudem wurde ein namhafter Geldbetrag zur Förderung soziokultureller Projekte in den Landeshaushalt eingestellt. Das alles ist als sehr positiv zu betrachten, jedoch löst es die strukturellen Probleme der Zentren vor Ort nur bedingt, da weder Personalkosten noch laufende Kosten wie Strom und Miete mit solchen Projektmitteln getragen werden können. Die Soziokultur und damit der Zugang für Kinder und Jugendliche zu kultureller Bildung ist nur dann möglich, wenn eine strukturelle Förderung für die Zentren erfolgt. Dies ist die politische Forderung des Landesverbandes, weil nur eine Strukturförderung der Soziokultur am Ende des Tages hilft.
Autor des Textes: Michael Rauch, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur
Die LAG Soziokultur Saar vertritt folgende Zentren und Initiativen:
- Chance Saar e.V.
Adolf-Bender-Zentrum
Arrival Room gUG
ARTefix freie Kunstschule Saarpfalz e.V.
Breite 63 Kultur und Bürgerzentrum
Freie Kunstschule Saarlouis e.V.
Freie Kunstschule St. Wendel e.V.
Freie Kunstschule Schmelz e.V.
Glashaus Saarschleife e.V.
Jugendhaus Merzig – Jugendnetzwerk e.V.
Kassiopeia e.V.
Kreiskulturzentrum Villa Fuchs
Kultgießerei e.V.
Kulturforum Köllertal e.V.
Kulturgut e.V.
Kulturverein Burbach e.V.
Kutscherhaus Neunkirchen Kreisstadt Neunkirchen
label m – Werkstatt für Jugendkultur e.V.
Neunkircher Kulturgesellschaft gGmbH
Play – Der interaktive Musikroman aus dem Saarland
PopRat Saarland e.V.
Prospektiv e.V.
Theater im Viertel e.V.
JUZ United – Verband saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung e.V.
Presseecho:
10.02.2022: Saarbrücker Zeitung “Appell der saarländischen Kultur-Macher an die Politik”
04.02.2022: Wochenspiegel: “Wichtiger Förderer von Kunst und Kultur”